Erfolgsgeschichten: Ramona aus dem Projekt "Lesen und Schreiben lernen" in Chemnitz

21.03.2019 CJD Sachsen « zur Übersicht

Es klopfte an der Tür. Sie war pünktlich. Meine Kollegin ging zur Tür. Sie hat sich nicht allein getraut herzukommen. Zusammen mit ihrer Freundin bitten wir sie herein. Über drei Jahre ist das jetzt her, als Ramona zu uns kam und um Hilfe gebeten hatte. “Niemand weiter weiß, dass ich das nicht kann, das Lesen und Schreiben.“ Mit zittriger Stimme und mit Tränen in den Augen erzählte sie uns, dass sie es immer verbergen konnte. Vor ihrem Mann, vor ihrer Tochter, vor Bekannten. Jetzt wollte sie endlich daran etwas ändern. Der Termin wäre für sie sehr schlimm gewesen, erzählt sie uns später. Sie hat sich so geschämt.

Fast drei Jahre lang hat sich Ramona dann durch Buchstaben, Laute und Silben gekämpft. Es war nicht immer leicht. Manchmal hat sie mit sich selbst geschimpft, weil es nicht so vorwärts ging, wie sie es sich wünschte. Ein mehrseitiges Behördenformular kann sie zwar noch nicht allein ausfüllen, aber wem fällt das schon leicht? Sie hat Lesen und Schreiben gelernt und ist irre stolz darauf. Und wir mit ihr.

Gemeinsam mit anderen ehemaligen Kursteilnehmern trifft sie sich regelmäßig in der von ihr mit gegründeten Selbsthilfegruppe. Sie ist sogar die Chefin. Vor ein paar Jahren hätte sie sich das niemals zugetraut. Aber gemeinsam mit den anderen macht das richtig Spaß. “Wir haben schon so viele schöne Sachen zusammen gemacht.”

Im letzten Kurs hat Ramona ein Praktikum in einem Pflegeheim machen können. Das hat so gut geklappt, dass sie dort anfangen konnte. Diesmal war sie aber vom Pech verfolgt. Auf dem Heimweg passierte es. Schon der zweite Arbeitstag endete im Krankenhaus mit einem gebrochenen Fuß. Damit war es mit dem lang ersehnten Job erst einmal vorbei.

Aber Aufgeben kam nicht in Frage. Einige Monate später hat es mit der Arbeit doch noch geklappt. “Es ist zwar ganz schön hart, aber ich bekomme das hin.“ Klar, wenn man viele Jahre nicht gearbeitet hat, ist das eine ziemliche Umstellung. Vor allem, wenn der Job körperlich anstrengend ist.

Wir freuen uns jedes Mal, wenn sie bei uns vorbei kommt. Sie erzählt, wie stolz sie auf ihre Tochter ist und dass es gut vorangeht.

Text: Sylvana Gerber, Leitung des Projektes „Du schaffst das!“-Lesen und Schreiben lernen in Chemnitz